Die aktuelle Haushaltssperre zeigt, wie angespannt die finanzielle Lage der Stadt ist – und wie dringend wir jetzt strukturell umsteuern müssen. Mit Blick auf den globalen Minderaufwand (GMA), auf steigende Ausgaben und wegbrechende Gewerbesteuern ist klar: Ein „Weiter so“ gefährdet die Handlungsfähigkeit der Stadt. Ich trete bei der Oberbürgermeisterwahl an, weil ich Verantwortung übernehmen will – dafür sind solide Finanzen, klare Prioritäten und eine leistungsfähige Verwaltung unverzichtbar.
Mein 5-Punkte-Plan setzt auf Ehrlichkeit statt Schönrechnerei, Modernisierung statt Stillstand und Zusammenarbeit statt Insellösungen.
- Schluss mit Schönrechnerei – Einsparungen müssen dauerhaft wirken
Die Stadt Bielefeld nutzt den globalen Minderaufwand (GMA) als zentrales Werkzeug zur Haushaltskonsolidierung. Einsparungen sollen pauschal über alle Bereiche hinweg erzielt werden – durch effizientere Prozesse, zurückhaltende Ausgaben oder bewusste Priorisierung. Doch schon im ersten Jahr zeigt sich: Die Verwaltung kann den GMA nicht strukturell erwirtschaften. Statt dauerhafter Einsparungen stützt man sich auf Einmaleffekte – etwa zusätzliche Gewinnausschüttungen städtischer Beteiligungen. Das ist ein unsicheres Fundament. Noch gravierender: Für 2026 liegt bisher kein belastbares Konzept vor.
Ehrlichkeit heißt auch: Wir müssen offen mit den Grenzen dieses Instruments umgehen. Der GMA ist gesetzlich auf maximal 2 % des städtischen Gesamtbudgets begrenzt. Doch in diesem Budget sind auch große Transferleistungen enthalten – insbesondere im Sozialbereich. Rechnet man diese heraus, müssen viele Fachbereiche faktisch rund 3,5 % einsparen.
Wer den GMA ernst nimmt, muss auch klare politische Entscheidungen treffen – etwa bei freiwilligen Leistungen, Projektplanungen oder Verwaltungsstandards. Einfach „irgendwo einsparen“ reicht nicht mehr. Zumal die wirtschaftlichen Prognosen eher auf eine weitere Verschlechterung hindeuten, wie schon der dramatische Rückgang der zu erwartenden Gewerbesteuer zeigt. Ich will, dass der GMA realistisch, transparent und nachhaltig gestaltet wird – auf Grundlage echter Einsparpotenziale, nicht auf Hoffnung oder Buchungstricks. Nur so verhindern wir weitere Haushaltssperren und bewahren unsere politische Gestaltungsfähigkeit. - Strukturen aufräumen – Doppelarbeit beenden
Bielefeld braucht eine klarere Organisation und mutige Strukturentscheidungen. Aktuell
arbeiten viele Akteure an ähnlichen Themen – etwa WEGE, Stadtmarketing, das City-Team oder
die Sennestadt GmbH. Auch in der Verwaltung gibt es parallele Planungsabteilungen, die
häufig nebeneinanderher arbeiten: Verkehrsplanung, Stadtentwicklung, Stadterneuerung,
Bauleitplanung – oft ohne zentrale Steuerung.
Das kostet Zeit, Geld und Vertrauen. Es führt zu Verzögerungen in Verfahren, zu Reibungsverlusten innerhalb der Verwaltung und zu Frust bei Beteiligten. Wer effizienter werden will, muss zuerst aufräumen – in der Struktur, bei den Zuständigkeiten und bei der Kommunikation. Ich will eine umsetzungsorientierte Organisationsanalyse, bei der keine Struktur „gesetzt“ ist. Doppelarbeit muss abgebaut, Schnittstellen reduziert und Entscheidungswege beschleunigt werden. Verwaltung muss wieder besser mehr Orientierung geben – für Politik, Unternehmen, Initiativen und alle, die mit ihr arbeiten. - Digitalisierung nutzen – für besseren Service und weniger Bürokratie
Mehr als 700 Fachverfahren laufen aktuell in der Stadtverwaltung – ein unübersichtliches
Nebeneinander, das enorme Ressourcen bindet. Für Mitarbeitende bedeutet das:
Reibungsverluste, Schulungsaufwand, fehlende Schnittstellen. Für Bürger*innen: lange Wege,
komplexe Abläufe, unnötiger Papierkram.
Digitalisierung ist in erster Linie keine technische, sondern eine kulturelle Aufgabe. Es geht um ein Umdenken in der Verwaltung: Wie gestalten wir Prozesse verständlich, bürgernah und effizient? Wie sorgen wir dafür, dass digitale Angebote wirklich genutzt und akzeptiert werden? Im Analogen sind wir mit der Bürger*innenberatung schon spitze, dort woll ich auch im Digitalen hin. Ich will Prozesse vereinfachen, veraltete Verfahren abschalten, mehr Standards einführen und neue Technologien – etwa künstliche Intelligenz – dort einsetzen, wo sie sinnvoll und verantwortungsvoll Mehrwert schafft.
Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern der Schlüssel zu einer modernen, schlanken und bürgernahen Verwaltung. Wenn wir sie richtig angehen, stärkt sie nicht nur die Effizienz, sondern auch Motivation und Identifikation der Mitarbeitenden. - Zusammenarbeit in OWL stärken – gemeinsam mehr erreichen
Viele Herausforderungen machen nicht an der Stadtgrenze halt – ob Klimaanpassung,
Digitalisierung, Mobilität oder Fachkräftemangel. In einigen Bereichen, wie Feuerwehr oder
Beschaffung, funktioniert die Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen bereits gut. Aber da
geht noch mehr.
Ich will, dass Bielefeld proaktiv interkommunale Kooperationen ausbaut – zum Beispiel bei IT- Systemen, im Klimaschutz, bei Verwaltungsmodernisierung oder bei der Ausbildung von Fachkräften. Das spart Ressourcen, erhöht die Schlagkraft und macht uns unabhängiger von kurzfristigen Förderprogrammen.
Statt jeder für sich, lieber gemeinsam stark: Bielefeld soll als verlässlicher Partner auf Augenhöhe agieren – nicht als Platzhirsch, sondern als Teil einer starken Region. Das schafft Spielräume für alle. - Personalwandel als Chance nutzen – Verwaltung neu denken
In den nächsten Jahren wird ein erheblicher Teil der Stadtverwaltung altersbedingt
ausscheiden. Das ist keine Krise, sondern eine große Reformchance. Wir wissen, wir können
aufgrund des Fachkräftemangels nicht automatisch jede Stelle 1:1 neu besetzen. Das würde ich
auch nicht wollen. Wir müssen uns fragen, was brauchen wir noch in welchem Umfang? Was
kann einfacher, digitaler, schneller gelöst werden?
Das Projekt BIEvolution setzt an der richtigen Stelle an: beim Kultur- und Strukturwandel in der Verwaltung und in den Köpfen. Doch es greift zu kurz, wenn es um die drängenden Herausforderungen der nächsten Jahre geht. Kurzfristige Maßnahmen wie Standardabbau oder Strukturveränderungen fehlen bislang.
Wir müssen schneller und mutiger werden. Wir brauchen eine systematische Aufgabenkritik, eine Überprüfung von Standards und Abläufen – und keine Denkverbote, wenn es um Veränderungen geht – auch nicht in der Querschnittsverwaltung. Externe Expertise darf kein Tabu mehr sein. Denn wir stehen vor einer Verwaltungsreform, die wir nicht allein von innen stemmen können. Ich will diesen Umbau gemeinsam mit den Mitarbeitenden gestalten – mit klaren Zielen, transparenter Kommunikation und echter Beteiligung. Eine moderne Verwaltung ist kein Selbstzweck, sondern der Schlüssel für eine funktionierende Stadt. Ich will sie möglich machen.
Fazit
Die erneute Haushaltssperre ist ein Weckruf. Wir brauchen keine Flickschusterei mehr, sondern
einen klaren Plan für solide Finanzen, effiziente Strukturen und mutige Verwaltungspolitik. Ich
will, dass Bielefeld handlungsfähig bleibt – heute, morgen und übermorgen.
Dominic Hallau, Co-Fraktionsvorsitzender GRÜNE Ratsfraktion und OB-Kandidat